Jessis Tagebuch: Münsterland-Tour

Warendorf ist ein bisschen wie Heimat. Dorthin zu gehen reisen, ist ein vertrautes Gefühl. Ich bin gerne dort, die weitläufige Anlage mit dem Waldstück lädt immer zum Ausreiten ein. Das habe ich dann auch gemacht, als wir angekommen sind. Da wir früh zum „Preis der Besten“ angereist sind und ich zuhause schon trainiert hatte, konnte ich mit beiden Pferden noch eine Runde durch den Wald.
Ganz toll war es diesmal mit den Boxen. Wir sind in den festen Boxen direkt am Dressurplatz untergebracht worden, und das war mega bequem.
Mit Anna bildeten wir eine WG, und um 18 Uhr lief der Grill warm. Gemüsespieße – köstlich Ziemlich zeitig bin ich ins Bett, kuschelte mich ein und schaute noch ein bisschen fern. Am Freitag Morgen hatte ich um halb elf mit Spezi und um halb drei mit Rever Training bei Herrn Meyer zu Strohen. Alles lief schön, beide Pferde machten eine gute Figur. Anschließend bin ich in den Wald geritten mit Rever, und sie hat es so genossen.
Mittlerweile traf auch der Rest der Familie ein. Das Wetter war ziemlich durchwachsen, doch wir hielten durch und grillten am Abend mit einer netten Truppe. Es wurde viel gelacht, und alle waren guter Dinge.
Samstags in aller Herrgottsfrühe bin ich mit Mama, Spezi und Rever durch den Wald gelaufen, das war für beide so schön; wir schauten uns die Vielseitigkeitsstrecke an, und Spezi schaute interessiert zu. Am Anfang, als ich Spezi grad bekommen habe, waren wir Einstaller in einem Vielseitigkeitsstall, dort bin ich oft mit ihm im Gelände gesprungen.
Über unsere Prüfungen gibt es nicht so viel zu berichten . Mit Rever hatte ich am ersten Tag Fehler in den Viererwechseln. Was sich mittlerweile so eingeschlichen hatte ... dass es aber an ihrer Gesundheit liegen könnte, daran hatte ich bis Dato nicht gedacht. Spezi war eigentlich ganz gut, aber in der Prüfung war er ein wenig angespannt, und ich hatte auch das Gefühl, er müsste sich im Galopp besser tragen.
Naja, nicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis, aber immer noch positiv verbrachten wir einen schönen Abend mit Familie Wilm-Koch im Restaurant Aust.
Sonntag gab es auch wieder Startzeiten um die Mittagszeit.
Wieder war ich zuerst mit Rever dran, und wir ritten eine sehr schöne und wirklich gute Prüfung. Von der Punktzahl her hätte es höher sein müssen, aber was soll's, wir waren sehr zufrieden mit ihr. Auch Spezi zeigte sich viel besser, und auch dort stimmte es mit den Punkten nicht so ganz. Ich bin nicht betriebsblind oder so und bin auch absolut Realist, aber manchmal ist es halt nicht so ganz zu erklären. Natürlich ist gut auch nicht perfekt, und geht immer noch was, deshalb abhaken und nach vorne schauen.
Unser Resultat reichte letztendlich für den vierten Platz, und damit war ich ganz happy! Der Bundestrainer gratulierte anschließend zu den Ritten und berief uns erneut in den Bundeskader. Damit wäre es mit Spezi und Rever jetzt weiter zur zweiten Euro-Sichtung nach Hagen gegangen, doch für Spezi haben wir uns eine Auszeit erwünscht und auch bekommen.


Wir haben also für die „Future Champions“ auf Rever gesetzt und sie entsprechend für Hagen vorbereitet. Auch hatte ich extra für die Euro-Sichtung noch eine neue Kür bekommen mit toller Musik und neuer Choreografie, und ich freute mich darauf, sie zu reiten.
Schon am letzten Tag beim Training zu Hause klappte gar nichts. Generalprobe, dachte ich. Dass es Rever so schlecht ging, haben wir nicht feststellen können zu dem Zeitpunkt.
Angereist im strömenden Regen mit mehreren Stunden Stau wegen Vollsperrung auf der A3, wurden wir dennoch ganz lieb empfangen in Hagen – wie gewohnt und auch wie gewohnt hilfsbereit. Man gab uns einen tollen Parkplatz, damit die Gefahr des Festfahrens im Gelände nicht gegeben war, und auch für Rever gab es eine tolle Box. Nur fressen wollte sie nicht, doch auch das kommt bei ihr öfters vor, da ist sie eine Diva. Bloß nichts untermischen, dann lässt sie alles stehen. Unsere Stallgasse war eine reine Deutsche-Kader-Gasse, und es war sehr gesellig mit allen Mädels.
Der Vet-Check stand an, und Rever passierte ihn ohne Probleme. Sie benimmt sich immer hervorragend, was man von Spezi nicht wirklich sagen kann; er springt dann gerne mal herum und spielt sich auf.
Später beim Putzen und Satteln hätte ich es bemerken müssen, denn sie zuckte des öfteren an den Seiten, wenn man ihr den Bauch gebürstet hat. Beim Abreiten musste ich mich mehrmals durchsetzen, und überhaupt wollte sie meinen rechten Schenkel nicht akzeptieren. Keine Ahnung, was ich gedacht habe in der Prüfung in der Galopptour, doch mir standen die Tränen in den Augen, weil ich wusste, dass etwas nicht stimmte mit ihr und dass es auch nicht so schnell zu beheben sein würde … und dass damit meine Euro-Teilnahme gelaufen war.
Ich konnte es nicht fassen, fast alle Wechsel kaputt! Zurück in der Box habe ich Rever gewaschen und gepflegt, das Wetter war schlimm: kalt, warm, schwül, nass, ich dachte, sie kommt nicht mit dem Wetter zurecht.
Eine Stunde nach der Prüfung kam eine Ärztin zu uns, denn meine Mom hatte bei Rever Fieber festgestellt. Der Darm war sehr träge und die Gebärmutter angeschwollen. Rever bekam Medikamente zum Entkrampfen. Ihr Unwohlsein hielt sich bis in den späten Abendstunden, auch schwollen ihre Beine an, und wir beschlossen, am nächsten Morgen nach Hause zu fahren. Gut, dass wir das gemacht haben, denn ein Start hätte nichts gebracht. Sie hätte für mich gekämpft und wäre bestimmt ordentlich durchs Viereck mit mir, aber ich hätte ich das nicht zugemutet, denn ich kenne sie zu gut. Sie ist zwar wie eine Prinzessin auf der Erbse, alles muss stimmen, aber dann ist sie auch perfekt und sehr zuverlässig.
Zu Hause haben wir uns das noch zwei Tage angeschaut, und dann ist sie in die Klinik. Ihr Immunsystem war völlig im Keller, mehrere Tage hat sie mit Fieber und einer schlimmen Infektion gekämpft. Zehn Tage war sie in der Klinik, bis wir sie nach Hause holen konnten. Zur Zeit erholt sie sich, und wir reiten sie noch eine Weile Schritt, bis wir Mitte des Monats wieder langsam mit dem Training anfangen. Drückt uns bitte die Daumen, dass es ihr bald wieder supi geht.
So, jetzt bin ich ein bisschen bei mit meinem Tagebuch: Entschuldige, dass ich Dich so vernachlässigt habe. Ich werde Euch ganz bald berichten, wie es weiter geht, denn es gibt einige Veränderungen!
Für Aachen stehe ich auf der Warteliste für die Kleine Tour. Vielleicht habe ich ja auch mal wieder Glück, und ich komme dran …


Also bis ganz bald, schöne Sommertage wünscht Euch Eure Jessica!