Jessis Tagebuch: Rien ne va plus

Rien ne va Plus: Was eigentlich an der Cote d'azur nur für Glücksspieler gelten sollte, war diesmal das Motto, das sich unser LKW ausgedacht hatte, und damit hat er uns ordentlich auf Trab gehalten. Trotzdem konnte das unsere Stimmung nicht trüben, denn wir sind mit super motivierten Pferden unterwegs gewesen, die sich wirklich vorbildlich gezeigt haben.
Die Anreise lief sehr entspannt, wir waren untereinander gut organisiert, und auch die Übernachtung in Lyon war sehr gut vorbereitet vom Parc du Cheval. Ohne Stau und zügig erreichten wir nach 12 Stunden den Parc, und wir hatten alle eine angenehme Nachtruhe. Morgens wurden die Pferde nach einem ausgiebigen Spaziergang wieder verladen, und wir fuhren die restlichen 500 KM bis nach Nizza. Das Wetter wurde von Stunde zu Stunde schöner, und auch die Landschaft nahm langsam mediterrane Züge an.
Unsere Pferde waren so zufrieden und ausgeglichen während der ganzen Fahrt. Beide lassen sich gut betreuen. Man muss zwischendurch mal rumklettern im Abteil, um Wasser zu geben und Decken rauf oder runter zu machen, mal ein Äpfelchen etc., aber das nehmen beide sehr gelassen. Vom Fahrerhaus kam man über die Kamera die Pferde ständig beobachten und auch die Temperatur überwachen.
Rever ist immer durstig, Spezi eher weniger, dennoch möchten beide das Wasser immer vor sich haben damit sie ihr Heu darin tränken können. Witzig, wie Spezi sich bemerkbar macht; nimmt man ihm das Wasser weg, dann quietscht er. Rever schleppt sowieso immer alles ins Wasser. Legt man ihr in der Box einen Haufen Heu in eine Ecke, schleppt sie den ganzen Haufen unter ihre Tränke. Ein schlaues Mädchen, überhaupt scheint sie immer zu chillen, sie ist so ausgeglichen, einfach toll!
Angekommen in Nizza, sind die Pferde in sehr schönen festen Boxen untergebracht worden, und nach einer großen Schrittrunde fühlten sich alle schon fast wie zu Hause.
Jetzt war es an der Zeit, unser eigenes rollendes Quartier fest zu machen – gesagt, getan. Als dann alles an Ort und Stelle war, hatten wir als einziger mal wieder keinen Strom. Zum Glück funktionierte aber das Aggregat, und die erste Nacht war gerettet.
Am nächsten Morgen bin ich mit Spezi über die großzügig angelegte Anlage geritten und habe mit ihm Dampf abgelassen; er braucht das und muss ab und zu mal richtig Gas geben. Das war auch genau richtig, denn am Nachmittag beim Vet-Check war noch genug drin. Inzwischen war auch unsere Trainerin angekommen, und Dini und ich haben abwechselnd trainiert.
Eigentlich waren die Prüfungen für den Nachmittag angesetzt, doch es gab eine Planänderung, und ich musste schon morgens um acht mit Rever in die Prüfung, das hieß: Nachtarbeit für die Equipment-Manager. Da Morgenstund bekanntlich Gold im Mund hat, konnten Dini und ich uns um elf schon mit unseren Sportsfreunden die goldenen Schleifen anhängen lassen und uns Zeit für ein gemütliches Spätstücken am LKW nehmen. Am Nachmittag sind wir der Küstenstraße der Cote d´Azur entlang Richtung Monte Carlo gefahren, und am Abend gab es ein besonderes Ereignis für uns alle:
Dinis Vater hatte Karten ergattert für DAS Spiel des Jahres in Nizza: Direkt neben dem Reitstadion lag die Allianz Riviera Arena, die genau so aussieht wie die von den Bayern, und wir waren mittendrin beim Spiel Paris St. Germain gegen Nice, es war eine tolle Stimmung und natürlich genau das Richtige für meinen Papa!
Samstags, Startzeit 9 o'clock mit Spezi, 10.20 Rever. Beide gut drauf, Ergebnis bekannt.
Ab nach Antibes. Wir hatten einen Van gemietet, so passten alle rein, und Papa bugsierte uns durch den Hafen. Es ist wirklich ein richtig schönes Städchen, und im Hafen, da lagen vielleicht Pötte!
Zurück am LKW, flackerte das Display. Daraufhin … ungeduldig wie ich bin, wollte ich das Ding kurzerhand ausbauen, und dabei ist es geplatzt. Lalalalalalala … Ein Glück, dass sich Tim (diplomatisch wie er ist) ganz in Ruhe in die Technik eingearbeitet hat und entsprechend einiges zum Laufen brachte … so we survived. Mit allen Manneskräften, die vor Ort waren, bekamen wir dann am Sonntag von Hand die Popouts rein, und so konnten wir wenigstens fröhlich nach Hause rollen.
Doch Halt – da war noch  Kür reiten.
Samstags war bei der Platzierung ziemlich viel Wind, und auf internationalen Turnieren wird immer offiziell die Flagge gehisst für den Sieger inklusive Nationalhymne. Ein paar Pflanzen fielen um, und die Fahne machte viel Lärm. Dabei muss man ja eine Weile ruhig stehen bleiben, und das entspricht gar nicht Spezis Naturell. Trotzdem war er Sonntag Morgen beim Abreiten total tiefenentspannt, und ich würde fast sagen, dass er am Sonntag am besten lief. Ich hatte jedenfalls ein tolles Reitgefühl. Dann sind wir ins Prüfungsviereck, und just in dem Moment kam wieder Wind auf. Eigentlich interessiert so etwas Spezi nicht, denn wir sind in Hagen schon bei Sturm und Regen toll geritten. Aber es fielen wieder ein paar Pflanzen um, und er verspannte sich leider. Ich konnte ihn zum Glück beruhigen, und und nach ein paar Spannungen am Anfang lief es dann doch wie am Schnürchen. Klar haben wir dadurch einige Prozente liegen gelassen, und ich habe mich so richtig geärgert, zumal wir von einem Jurymitglied trotzdem 80% erhielten. Das ist ja schon mal eine Hausnummer, und diese Dame erzählte mir, während sie mir gratulierte und Spezi streichelte, dass sie unseren Ritt sehr genossen habe trotz Störungen, sie fand die Choreografie wörtlich “sagenhaft”, und auch die Musik fand sie “tres tres bon”.
Auf jeden Fall habe ich mit Rever, die auch sehr schöne Kommentare bekommen hat, und Spezi für diese Saison wieder tolle Sportpartner an meiner Seite und bin ihnen für das, was sie für mich leisten, unendlich dankbar.
Der Heimweg verlief über Lyon wieder genau so gut wie der Hinweg, und am Montag Nachmittag waren alle wieder zurück im heimischen Stall.
Ich freue mich auf das, was kommen mag, und wir lassen euch gerne daran teilhaben :-)
Also bis bald --
Lg Jessica