Jessis Tagebuch: Ein übermotivierter Spezi und ein geschenkter Sieg

Am Freitag und Samstag trafen sich die Dressurreiter in Wickrath zum Quasi-"Saison-Auftakt”. Gut vorbereitet wie immer sind wir nach kurzer Anfahrt am Schloss angekommen. Kein Vergleich mit dem letzten Jahr, als es zu diesem Zeitpunkt tief verschneit und sauglatt war!
Spezi und Rever sahen so schön aus mit ihren Zöpfen und glänzten um die Wette, dass es eine wahre Freude ist so hübsche Pferde zu reiten. Spezi, der immer sehr hilfsbereit ist beim Aufrüschen, hat auch diesmal toll mitgeholfen und die Tütchen mit den Gummis zum Flechten gehalten und sie Mama angereicht. Rever, die immer die Ruhe weg hat, konnte diesmal nicht schnell genug auf dem Hänger; sie war auf alles vorbereitet und zu allem bereit!
Spezi ist separat gefahren, denn er hatte eine viel spätere Startzeit, und damit hatten wir eigentlich alle Voraussetzungen für einen ruhigen Ablauf geschaffen. Doch es kam anders. Während des Abreitens kam es seitens der Organisation zu Verspätungen, und ich bin über eine Stunde abgeritten, was natürlich viel zu lange war. Rever hat sich alle Mühe gegeben, dennoch mit mir eine schöne saubere Runde  zu gehen, doch sie war etwas müde und deshalb nicht mehr so frisch. Mit Spezi hatte ich dann alles auf dem Punkt, und abgesehen davon, dass er etwas übermotiviert war, war beim Abreiten alles bestens. In der Halle angekommen, muss er dann seine Meinung doch geändert haben und hat sich argwöhnisch alles angeschaut. So eine Farbenpracht und die höher liegende Tribüne, das mochte er nicht so ganz, und deshalb hat er einfach die Bremse reingehauen nach dem Halten und Grüßen -- auch die Richter wollte er nicht sehen und drehte sich dann noch mal um. Doch dann lief er vom Feinsten und zeigte allen, dass wir über die Wintermonate doch geübt haben. Immerhin bekamen wir noch etwas über 65%, obwohl wir fürs Einreiten dreimal Null ist Null kassiert hatten, und die Gehorsamsnote ... aber stochern wir nicht in dieser Wunde herum. Er bekam sogar noch eine Schleife und durfte die Ehrenrunde gehen, weil Rever schon zu Hause war.
Ihr habt vielleicht auf den Ergebnislisten gelesen, dass ich mit Rever die Prüfung gewonnen habe. Das ist eigentlich nicht korrekt: Die Lorbeeren gehören Jule mit Comtessa! Der Sieg wurde uns von Julia de Ridder geschenkt -- weil sie nicht in der Kür angetreten ist, wurde ihr der Sieg aberkannt und fiel an Rever und mich. Ich möchte mich nicht mit fremden Federn schmücken ... however ...
Samstag Morgen, halb acht in Tönisvorst; die Frisur saß noch bei beiden gut, ein wenig Haarspray und Gel und noch mal was nachnähen, und beide sahen wieder strahlend aus. Ein paar Stullen auf die Hand, und wir sind losgedüst. Rever war zweite Starterin, und alles lief genau nach Zeitplan. Meine Trainerin und ich waren so gespannt, wie wohl unsere Kür ankommen würde, die ich zum ersten Mal geritten bin. Rever fühlte sich wesentlich frischer an, und sie hat ihre Musik genossen, die, wie ich auch selbst finde, wirklich wunderschön ist. Da es unser erstes Mal war, wissen wir, dass es noch nicht perfekt war, aber wir sind auf einem sehr guten Weg und deshalb mit unserem Ergebnis “zweiter Platz“ super zufrieden.
Mit Spezi war ich so guter Dinge, und auch er war besser vom Reitgefühl als Freitag. Überhaupt fühle ich mich auf ihm so zu Hause. Ich bin eingeritten, habe ihn in Ruhe die Halle wahrnehmen lassen, alles war OK. Die Musik fängt an, wir reiten ein ... tralalalalala und Bäng, platzte es wieder aus ihm heraus. Ich konnte uns noch in der Musik einfangen, aber es waren sämtliche Lektionen kaputt, auch der Schritt war im Eimer, weil er zu unruhig war. Wir haben das Beste draus gemacht, und es gab das ein oder andere Highlight, doch eigentlich war das Thema gelaufen, und wir konnten uns in der Platzierung hinten anschließen.
Ich habe  es mit Humor genommen, denn er ist sonst immer sehr zuverlässig. Er ist ja mein ein und alles, und dem verzeiht man ja einiges. Ich führe es darauf zurück, dass er lange nicht mehr auf einem Turnier war, eigentlich seit der Deutschen Meisterschaft im August letzten Jahres, dann musste er verletzungsbedingt pausieren, und die zwei-, dreimal, die wir auf andere Plätze gefahren sind, helfen zwar, ersetzen aber keine Turnier-Situation.
Wir schauen jetzt nach vorne und freuen uns auf unseren ersten Auslandsstart. Am 25 März rollt die Karawane für eine Woche nach Nizza, und ich bin total happy, dass meine Eltern mir das ermöglichen.
Ich werde euch wie immer berichten, also bis dahin, macht's gut!


Herzlichst --
Eure Jessica