Jessis Tagebuch: München!

Am Mittwoch, dem 14. August, sind wir am Morgen noch zu Hause geritten, und gegen viertel nach zehn standen Fredi und Spezi frisch gewaschen auf den Lkw.
Diesmal war alles ein bisschen anders. Während meine Mama sonst immer die Verantwortung übernimmt, konnte ich jetzt mal beweisen, das ich durchaus in der Lage bin, mich zu organisieren. Also, ich muss mir mal auf die Schulter klopfen, denn ich habe absolut nichts vergessen, und mein Zeitmanagement war auch Perfekt :-)
Spezi und Fredi hatten genug zu mampfen unterwegs, und Francesca, Janina (meine Cousine) und ich konnten wärend der Fahrt gemütlich DVDs gucken und schlummern. Jochen, unseren Fahrer, haben wir regelmäßig bespaßt und gefüttert, und er musste die ganzen Filme per Dialog verfolgen.
Nach ca. neun Stunden sind wir angekommen; es war kurz vor 20.00 Uhr, als der LKW aufs Olympiagelände rollte und Mama, Kelvin und Frau Heil uns entgegenwinkten. Die Bettchen für die Pferde waren schon gemacht, und das Wiedersehen mit meiner Familie war richtig schön. Zum Glück bekamen wir einen super Parkplatz für unseren LKW, und wir hatten nicht diese ellenlangen Wege zu den jeweiligen Plätzen. Dazu einen großen Dank an die liebe Frau von der Organisation, die unsere Situation erkannt hatte!
Dini mit Danilo und ihre Familie kamen erst am Donnerstag. Sie legen meistens, wenn es in den Süden geht, noch einen Stop ein auf den Erlenhof in Bad Homburg. Auch auf dem Rückweg ist Danilo noch drei Tage in Urlaub gefahren zu Dini auf die Koppel.
Frau Meyer-Biss landete gegen 14 Uhr in München, und wir trainierten bei wunderschönen Wetter. Spezi ging Spitze, und er war so fit! Auch Fredi und Danilo machten einen sehr guten Eindruck -- so konnten wir gut vorbereitet einen gemütlichen Abend im Biergarten genießen. Mittlerweile war auch Papa eingetroffen, und die Familie war endlich wieder komplett. Unsere Truppe war so groß, dass die Bedienung dem Ansturm nicht gewachsen war und wir ungefähr zwei Stunden auf unser Essen gewartet haben. Wir haben uns dann satt gegessen an Brot mit Obazdem (bayrische Käsereste-Verwertung mit Gewürzen, lecker!!!), und als dann das Essen endlich kam, hatten wir eigentlich keinen Hunger mehr :-)
Die Startzeiten waren wirklich perfekt für mich; ich war täglich zwischen 13 und 14 Uhr dran. Ich reite zwar gerne morgens, aber so ein Urlaubsfeeling ist auch nicht schlecht. Spezi und ich sind am Freitag sehr schön abgeritten, aber ich war so was von aufgeregt wie schon lange nicht mehr. Dennoch war ich voll und ganz bei der Sache. Wir sind auch wunderbar gestartet, und ich hatte eine schöne Trabtour. Im Schritt kam Spezi nicht so richtig zum Schreiten, der Boden war immens tief, und einige hatten hier zu kämpfen. Spezi war auch etwas aufgeregt, ich würde sagen, auch ein wenig heiß; das Rückwärtsrichten war dann auch nicht so geschmeidig. In der Galopptour lief es erst gut, dann bin ich einen Wechsel zu spät gesprungen, und als ich an der langen Seite zulegen wollte, passierte uns dieser großer Stolperer! Spezi ist, glaube ich, an die Absperrung gekommen und verhaspelte sich derart, dass er vorne richtig abtauchte und ich nicht mehr richtig erkennen konnte, was eigentlich los war, denn es fühlte sich so an wie Kreuzgalopp ... und ich parrierte durch. Spezi war ganz verdutzt und wusste nicht, was ich wollte, dann bin ich wieder angaloppiert und die Prüfung zu Ende geritten. Das war natürlich ein Desaster für uns, denn sowas ist uns noch nie passiert, und Spezi ist ja auch keiner, der Fehler macht.
Ich hatte erst sogar Angst, dass er sich verletzt haben könnte, und ich habe bitterlich geweint, weil ich mich so schlecht gefühlt habe, diesen Fehler gemacht zu haben, ganz zu schweigen von meiner Medaillenchance, die ich wohl damit vertan hatte. Nach reichlicher Untersuchung war Spezi nichts Schlimmeres passiert, und ich war sehr erleichtert. Er hat sogar versucht, mich zu trösten; er ist ja so ein großer Schatz. Aber mein Adrenalinspiegel war ganz schön hoch, und ich musste erst mal davon runter kommen. Abends gab es eine schöne Party nach der offiziellen Eröffnungsfeier, und wir haben es uns mit einer Cliquw junger Leute am LKW gemütlich gemacht.
Neuer Tag, neues Glück! Samstag musste ich auf Angriff reiten, und Spezi wollte das auch. Er war voll bei der Sache, und topfit ritten wir uns auf den dritten Platz. Anna, die am Vortag gewonnen hatte, tauschte den ersten Platz mit Claire, und wir drei standen wie bei der Euro nebeneinander!
Zwischendurch haben wir auch das Treiben auf dem Springplatz verfolgt, und dort ging es wie immer auch sehr spannend zu. Ab und zu würde ich schon mal gerne springen, da ist es einfacher, was die Punktevergabe angeht. Entweder Holz oder Zeit -- da kann keiner etwas drehen, aber man kann natürlich auch sehr schnell weg vom Fenster sein. Aber wenn ich dann teilweise sehe, welche Klamotten da aufgebaut werden, und dann die Kombinationen, die dann hintereinander gesprungen werden, bleibe ich lieber beim Hobbyspringen. Schon für die Nerven meiner Mutter :-)
Sonntag sind wir Kür geritten. Ich fand, dass wir sehr schön zusammen harmoniert haben und bis auf ein paar Kleinigkeiten eine sehr schöne Kür gezeigt haben. Es gab auch schöne Noten, doch wenn einer der Richter das dann anders sieht, dann liegst du eben knapp daneben und das ist auch vorbei an der Medaille. Es ist manchmal einfach schwer zu verstehen, warum teilweise die Prozente so auseinander liegen. Natürlich bin ich etwas enttäuscht gewesen, aber das geht schnell vorbei – und am Ende bin ich froh, dass es nach Freitag doch noch so gut gelaufen ist. Es war ein tolles Turnier, viele nette junge Leute, die sechshundert besten deutschen Nachwuchsreiter, und wenn ich auch nicht in den Madaillenrängen war, so war ich schon wieder ganz vorne dabei. Und ich freue mich, dass es weiter geht und dass wir immer wieder neue Dinge erarbeiten müssen, um uns weiter zu entwickeln.
Sonntag Nacht um halb drei sind wir mit Abbelen zusammen nach Hause gedüst, und als wir um elf Uhr auf den Hof gerollt sind und Spezi und Fredi lauthals verkündet haben, dass sie wieder da sind, bin ich in die Reithose gesprungen und habe erst mal Flöchen und Leo geritten !
Ich gratuliere meinen Euroteam-Kolleginnen von Herzen zu ihren Meisterschaftstiteln, Anna zum Titel und Claire zum „Vize“!
Ich bedanke mich bei Jochen, der uns wunderbar hingebracht hat, bei Janina die den TT gemacht hat, bei meinen Bruder der mich irgendwie doch moralisch unterstützt, obwohl er kaum Prüfungen guckt und lieber bei Dini abhängt :-)
Bei Frau Meyer-Biss und natürlich bei meinen lieben Eltern die mir dies alles ermöglichen.
Und last but not least bei allen, die mich hier auf meiner Website besuchen und mir immer tolle Grüße und Glückwünsche schicken und mir bei allem die Daumen gedrückt haben.
Ich mache jetzt noch ein bisschen Urlaub, bis die Schule wieder anfängt, und dann gibt es auch schon wieder die nächsten Turniere ...


Bis dahin, alles Gute wünscht euch
Jessi


(Fotos: Rebecca Thamm, Mirka Nilkens)