Jessis Tagebuch: Wiesbaden -- That's Entert(r)ainment!

Unsere Anreise nach Wiesbaden verlief zügig, und wir erreichten gegen 17.30 Uhr den Schlosspark. Nach Anmeldestau und Pferdepasskontrolle durften wir parken. Jetzt erstmal ein paar hundert Meter laufen zum Stallbüro. Stau! Alle wollen einstallen. Da wir im Moment Spezi und Flo auf dem Turnier in den Stallungen separieren, mussten wir erst die Stallplanerin davon überzeugen, dass wir das ernst meinen. Nachdem wir die Stallungen gefunden und begutachtet hatten, sind wir zurück zum LKW gejoggt.
In Wiesbaden ist alles anders als auf den sonstigen Turnieren. Sonst hängen die Stallpläne an den Zelten, und die erste Einstreu steht meistens auf Paletten davor. Hier nicht. Wir haben zügig Spezi vom LKW geholt, und 15 Minuten später kam auch schon Flo an, die von Dominik gefahren wurde. Da die Boxen auf Rasen stehen, konnten beide erst einmal grasen. Unterdessen mussten wir einen Frontlader-Fahrer besorgen, der uns eine Riesen-Transportkiste neben den Lkw stellt, damit wir das ganze Equipment ausladen konnten. Die Schränke wurden auch Stück für Stück aufgegabelt und zu den Zelten gefahren.
So gegen sieben hatten wir alles an Ort und Stelle. Für unsere Einstreu mussten wir selbst (also Mama) auf einen Traktor-Anhänger klettern, um unter einer Plane mehrere Strohballen hervor zu holen, die wir dann per Sackkarre so ca. 200 Meter zu unserem Stall fahren konnten. (Wir brauchen keinen Ausgleichssport!)
Nach mehreren Diskussionen über den Standort des LKWs und nachdem Mama die Verantwortlichen überzeugen konnte, das man ein minderjähriges Kind nicht unter einer Autobahnbrücke schlafen lässt, durften wir stehen bleiben. Man muss sich das so vorstellen: Es gibt am Stadion nicht die Möglichkeit, alle parken zu lassen, auch kann man nicht nahe genug ranfahren, um abzuladen, deshalb ist es schon super, dass die Frontlader dort rumfahren und sehr behilflich sind. Aber danach muss man weiterfahren und das Fahrzeug irgendwo in den markierten Seitenstraßen oder Richtung Autobahn unter der Brücke abstellen. Dort gibt es dann ein Stromproblem. Wir müssen immer am Strom hängen, sonst fallen die ganzen Versorgungssysteme aus.
Das alles ist für einige kein Problem, weil sie ins Hotel fahren und ihre Pfleger alles erledigen, aber für uns Jugendliche schon, weil wir unsere Pferde selbst versorgen und ja auch irgendwie zum Platz kommen müssen.
Um zwanzig Uhr war dann alles bestens, jetzt nur noch duschen und schlaaafen!
Freitag durfte ich ausschlafen, meine Mom hat gefüttert, und nach einem ausgiebigen Frühstück bin ich mit Spezi und Flo auf dem Spring-Abreiteplatz Schritt geritten. Sämtliche Größen aus der Springwelt gingen Schritt neben mir her, u.a. Ludger Beerbaum, Christian Ahlmann, Cian O`Conner, Daniel Deusser und die Tochter von Bruce Springsteen. Wir hatten alle das gleiche Problem, kein Platz zum Reiten! Dafür war es aber unterhaltsam.
Am Nachmittag kam Frau Meyer-Biss mit Stau-Verspätung an und wir konnten auf dem Prüfungsplatz vor dem Schloss trainieren. Leider nicht mehr mit Spezi, weil das Viereck für die Eröffnungsfeier aufbereitet werden musste.
Am Samstag wuchs natürlich die Aufregung, morgens waren die Ponys dran, und ich habe mir einige Prüfungen angeschaut, gleichzeitig ging bei den Buschis der Geländeritt los, und auch da schau ich gerne zu.
Leider erlebten wir um die Mittagszeit eine schreckliche Tragödie. Olympia-Reiter Dirk Schrade, der mit zwei Pferden unterwegs war und in der letzten Runde mit einer Topzeit ins Ziel kam mit seinem tollen King Artus, musste kurz danach erleben, wie neben ihm sein Pferd einen Aorta–Abriss erlitt und auf der Stelle starb! Wir waren alle so geschockt, es war so schrecklich traurig, beinahe unvorstellbar, seinen Sportpartner so zu verlieren.
Ich bin dann zuerst Flo geritten, und wir waren bis auf ein paar Kleinigkeiten recht zufrieden mit unserem Ritt. Ich hatte genau 10 Minuten, um mit Spezi loszureiten, also musste das ganze Team ran, bloss keinen Stress verursachen.
Mit Spezi hatte ich anfangs ein sehr entspanntes Gefühl, aber er steigerte sich auf dem Abreiteplatz in irgendetwas hinein, und als wir in die Prüfung einritten, spürte ich, dass es alles andere als entspannt werden sollte. Es gibt dort auch so viel zu sehen! Er ist eigentlich nicht guckig, aber er verspannt sich dann. Leider waren wir beide nicht so eine Einheit, und ich war sehr enttäuscht im ersten Moment, doch dann geht man im Kopf noch mal alles durch und sieht seine eigenen Fehler ein, und dann ist es auch gut!
Dafür lief es am Sonntag richtig rund für Spezi, jetzt kannte er den Platz und er mag seine Musik, und entsprechend ritten wir eine schöne Kür ... so, jetzt war ich erleichtert.
Mit Flo war es knapp mit der Zeit, und ich bin mit ihr dann in der Prüfung nicht so konzentriert gewesen, sie galoppierte an in der Trabtraversale, und ich konzentrierte mich darauf, wieder in die Musik reinzukommen, dadurch wurde ich dann etwas zu eilig. Wir brachten es zwar auf eine ordentliche Note, aber ich war auch jetzt nicht wirklich zufrieden. Allerdings erkannte ich sehr schnell, dass auch dies mein Fehler war.
Im Endeffekt war es dann doch gut, und ich bin wieder um ein paar Erfahrungen reicher. (Hey, ich habe Bruce Springsteen getroffen!)
Ich freue mich sehr auf Hagen und darauf, dass ich den Nationenpreis reiten darf mit Anna, Claire und Jojo!
Spezi und Flo dürfen sich jetzt auf ein paar chillige Tage freuen, und ich werd jetzt mal was für die Schule tun!
Herzlichst, Eure Jessi


(Foto: Kein Platz zum Reiten, deshalb kam Ludger Beerbaum auch mal bei den Ponys vorbei)