Jessis Tagebuch: Hagen -- gesagt, getan, geglückt!

So schnell sind wir noch nie gewesen bei der Anreise nach Hagen. Wir konnten mit dem LKW bis vor das Stallzelt fahren. Schwupp, war alles parat – es war ein super entspanntes Ankommen. Freundlich wie immer wurden wir begrüßt und zum Zelt begleitet, dann wurde ich gefragt, ob mir die boxen zusagen und das Stallzelt! So wie wir es gewohnt sind von Hagen, große Boxen, viel Platz, viel Luft, breite Stallgasse, Box mit Fenster, alles klar: Rever war vom ersten Moment an entspannt.
Eine gute halbe Stunde nach der Ankunft konnten wir auf der Wiese einparken. Auch hier wurden wir begleitet und eingewiesen, man half uns mit dem Verlegen der Stromkabel, und nach 20 Minuten LKW Herrichten saßen wir gemütlich bei strahlenden Sonnenschein draußen bei Kaffee und Erdbeertörtchen.
Um 17 Uhr mussten wir für den Vet-Check gerüstet sein. 10 Min später: Accepted :-)
Zusammen mit Anna und Hannah habe ich Rever gesattelt, und die beiden sind mit uns schnatternd über den Hof Kasselmann spaziert. Dann bin ich noch mit Rever über den Außenring (Galoppbahn) des Dressurstadions galoppiert.
Das ist Hagen – das sind Vollprofis im Organisieren. Immer eine entspannte Atmosphäre, hilfsbereit und vor allem super freundlich.
Abends bin ich mit Freunden und Reitkollegen ins große Festzelt zum Spargelessen. Sehr positiv gestimmt und glücklich bin ich ins Bettchen gewandert.
Der Nationenpreis war für Donnerstag um 14.30 Uhr angesetzt. Als letztes deutsches Starterpaar brauchten wir erst um 17.30 Uhr anzutreten. Zeit, um auch mal Springen anzuschauen. Morgens in der Früh haben wir ein wenig mit Rever trainiert, dann noch zwei Stündchen am Mittag geschlafen, und gegen 15.30 Uhr bin ich wieder in den Stall, um Rever hübsh zu machen für unsere Prüfung. Meine Zöpfe waren mir besonders gut geglückt, hatte aber insgesamt 13 Stück geflochten. Ojeeeee, 13! Zuerst dachte ich, komm, mach neu, aber dann dachte ich, NÖ, wer will denn hier abergläubisch werden? Wir lassen uns doch nicht von sowas beeinflussen!
Ich war schliesslich froh, dass mir die Dinger gut gelungen sind, da meine Mom sie meistens macht. Diesmal war ich nämlich allein für uns verantwortlich. Die Woche war für meine Eltern voller Termine und Einladungen, und da meine Familie sonst immer alles aufs Reiten abstimmt, sind wir jetzt der Meinung gewesen, dass ich durchaus in der Lage wäre, es mal allein hinzubekommen. Gesagt, getan, geglückt, würde ich mal behaupten :-)
Sturmfreie Bude dann auch im LKW. (Ich stand aber neben Alexandra Simons-de Ridder, die natürlich ein Auge auf mich hatte.)
Abends haben wir uns gemütlich bei mir getroffen, und zur späteren Stunde gings ab ins Festzelt, wo für uns Jugendliche jeden Abend eine Party organisiert wurde (auch das gibt's nur in Hagen). Wie ihr wisst (oder auch nicht), ist das “Future Champions” das “Aachen der Jugend“. Viele internationale Reiter in Dressur und Springen bis 21 Jahre freuen sich, hier an den Start zu gehen. Wer als Zuschauer da ist, bekommt tollen Sport zu sehen. Auch für die Eltern ist es eine schöne Atmosphäre, auch wenn's mal wieder regnet (üblich in Hagen), dann geht man gemütlich ins Zelt, in die Lounge, oder man setzt sich an einen gedeckten Tisch.
Viel Spaß hatte ich wie immer mit Vivi Niemann, die ihr letztes Junge-Reiter-Jahr als Abschiedstour genießt. Dieser Anlass musste natürlich gebührend gefeiert werden. Ein Wiedersehen gab es auch mit unseren spanischen Reiterfreunden, die im Winter in den USA leben und jetzt auf Europa-Tournee sind. Da kam ich natürlich an einer Tanzeinlage mit “Matute” nicht vorbei. Ihr seht, ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch! Haha :-)
Aber jetzt mal im Ernst, ich war ja schließlich zum Reiten da, und das ist uns an diesem Wochenende nicht schlecht gelungen! Den Wurm haben wir in Wiesbaden gelassen, uns ins Zeug gelegt, denn Knoten gelöst, den ich auch im Kopf hatte, und nach vorne geschaut.
Rever ist sehr zuverlässig, aber speziell. Sie muss sich am Turnierort wohl fühlen, und das war absolut der Fall. Auch genoss sie es, meine volle Aufmerksamkeit zu haben, obwohl ich glaube, dass sie Spezi auch gern dabei hat.
Samstag hatte ich reitfrei und habe ausgeschlafen, wenn auch mit Schlafabbruch-füttern-misten-führen-Unterbrechung um halb 7 morgens. Bin dann aber danach wieder unters Plümo getaucht bis halb 11. Voila!
Später haben meine Trainerin und ich Rever longiert und am späten Nachmittag nochmal trainiert. Da meine Familie nicht anwesend war, aber meine Eltern mir gefühlte 100 SMS geschickt haben und ebenso oft angerufen haben, fühlte ich mich keinen Moment verlassen.
Abends wieder Treffpunkt bei mir. Wir haben viel gelacht, und es ging ziemlich lustig zu. Guido Klatte hat meinen Frack ausprobiert und überlegt, eventuell zu den Dressurreitern zu wechseln  … ich sage nur, es gibt Beweisfotos, die ich aber nicht zeigen werde. LOL :-) Dann sind wir zum Feiern ins Zelt, und ich habe getanzt, bis meine Füße sagten “geht nicht”.
Sonntag habe ich nach dem Füttern erst einmal Hausputz gemacht, gespült, gesaugt, gewischt, und Spuren beseitigt. Tisch gedeckt, Brötchen besorgt, Kaffee gekocht, Mama empfangen. Vorbildlich, oder?
Einige Tage vor dem Turnier hatten wir unsere Kür überarbeitet, etwas erschwert, ein paar neue Linien reingebracht. Unser Focus hatte anfangs darauf gelegen, den Anforderungen einer FEI-Kür zu entsprechen und diese dann erst mal zu beherrschen. Jetzt war der Punkt gekommen, sie etwas zu erschweren. Gemeinsam mit meiner Trainerin bin ich die Kür durchgegangen.
Mit Freude bin ich die Kür geritten, alles lief wie am Schnürchen. Rever hat dieses Wochenende alles gegeben, und ich war so stolz auf sie. Die anschließende Siegerehrung war sehr schön. Da es schon so spät war, fand sie ohne Pferd statt. Ich habe Rever dennoch auf der Heimfahrt im LKW die Schleife an den Kopf gesteckt, damit sie weiß, dass sie alles richtig gemacht hat :-)
Ratzfatz eingepackt und ab nach Hause. Nachdem wir unsere Fahrräder gesucht und teilweise auch gefunden hatten, konnten wir endlich los (eins fehlt mal wieder). Wir waren fast die letzten, die vom Platz gerollt sind, und wurde noch eine gute Heimfahrt gewünscht von den Mitarbeitern, die uns auch jetzt wieder behilflich waren.
Um halb zwei am Morgen sind wir, nachdem wir Rever ins Bettchen gebracht hatten, zu Hause auf den Hof gerollt. Mein Papa und mein Bruder waren noch wach und wollten unbedingt noch gratulieren. Sehr müde, aber überglücklich bin ich ins Bett gefallen bis Montag am späten Vormittag. Da es so stark geregnet hatte zwischendurch in Hagen, mussten wir schleunigst alle Klamotten aus dem LKW räumen, alles waschen und wieder einräumen.
Ich freue mich auf den Sommer und meine Freiheit, die ich zur Zeit genieße. Ich kann reiten, wann ich will, muss mich nicht nach Terminen richten, habe viel Zeit für Leo – herrlich!
Meine Eltern haben mir erlaubt, nach Vidauban zu den Euro-Reitern zu fliegen, und darüber werde ich euch auch berichten.
Bis dahin
sonnige Grüße aus dem tropischen Heinsberg
Eure Jessica