Jessis Tagebuch: Wiesbaden mit Wurm

Wiesbaden war für mich nicht “das Turnier”. Schon bei der Abreise war der Wurm drin. Einiges verlief nicht nach Plan, und das brachte ein ziemliches Durcheinander. Dann hatten wir nicht damit gerechnet, dass Rever sich so unwohl fühlen würde und dass ihr die Boxenverhältnisse so zu schaffen machen würden. Außerdem war es lästig, dass wir so weit vom Platz entfernt wohnten. Die meisten Teilnehmer, bis auf den A-Kader und einige Spezis, standen auf einem 4 Kilometer entfernten Platz unter der Autobahn Brücke durch.
Uns Selbstversorgern ohne Pferdepfleger erschwerte das die Sache erheblich, weil wir ständig mit dem Rad oder mit dem Shuttle hin und her fuhren. Ich habe also meine körperliche Fitness voll ausleben können :-)
Übrigens, der Spruch des Tages war: „Schläfst du auch unter der Brücke?”
Nachdem dann doch alles so weit geregelt war, trafen wir uns mit einigen Reitkollegen zu mexikanischem Essen. So gegen 23 Uhr klingelte mein Telefon, ich solle doch mal in den Stall kommen und Rever von einem aufdringlichen jungen Mann befreien – hinter ihr war inzwischen ein Hengst eingezogen, mit dem sie nicht einverstanden war. Schließlich ist sie ja Spezis Freundin :-) Freitag halb 6 ging der Wecker, raus aus der Kiste und ab aufs Fahrrad.
Rever hatte uns schon sehnsüchtig erwartet, denn sie sprang fast aus der Box. Um sieben ritten wir gemeinsam aufs Viereck vor dem Schloss. Rever war nicht so kooperativ wie sonst, und sie brauchte lange, um sich zu lösen. Später in der Box stellten wir fest, dass sie sich wohl nicht hingelegt hatte zum Schlafen. Leider war auch die ganze Nacht das Licht angewesen, das ist für sie ganz ungewohnt. Jetzt war es an uns, ihr zu helfen, sich zu entspannen und sich wohlzufühlen. Nachmittags gegen 16 Uhr fand unsere Prüfung statt. Beim Abreiten hatte ich schon nicht das beste Gefühl, dies bestätigte sich nach unserem Ergebnis. Es waren halt ein paar Kleinigkeiten in unserer Prüfung, und die Harmonie fehlte natürlich durch die Spannung ein bisschen. Die Wechsel hatten bis auf einen alle funktioniert. Na ja, abhaken, es gibt Schlimmeres!
Jetzt mussten wir uns überlegen, wie es bis Sonntag weitergehen sollte. Auf jeden Fall mussten wir für Rever eine Komfort-Zone schaffen. Dies haben wir dann geschafft, indem wir sie viel draußen hatten, grasen, spazieren etc.
Rund ums Reiten war es aber richtig nett, wir trafen uns zum Essen, waren einmal feiern in der Frankfurter Innenstadt, und das Wetter machte einiges gut.
Da Samstag keine Prüfung stattfand trainierten wir wieder morgens um 7 und um 16.30 Uhr. Dazwischen schauten wir die Buschis beim Geländeritt zu. Das ist so unglaublich, wenn man so nah dabei ist, mit welchem Tempo da geritten wird, richtig spektakulär!
Später genoss ich mit Rever die Sonne beim Grasen, dann gab es noch den Grand Prix und abends spät Voltigieren. Gegen 22 Uhr bin ich mit meiner Mom Richtung LKW geradelt. Ich freute mich auf die Kür am Sonntag; vor dem Einschlafen habe ich mir die Kür ein paarmal auf DVD angeschaut und bin mit der Musik auf den Ohren dann auch eingepennt.
Um sechs ging der Wecker. Schlafabbruch ...
Mini-Frühstück und ab zum Shuttle-Bus … voll. Da der nächste zu lange auf sich warten ließ, schwangen wir uns wieder aufs Rad, diesmal mit Frack!
Rever war tiefenentspannt, sie hatte wohl gelegen und auch geschlafen, also alles prima. Nach ihrem Frühstück führte ich Rever durch den Park, und sie graste ein gemütliches halbes Stündchen. Zeit, um ein paar private Bildchen zu machen mit Schloss im Hintergrund. Mittlerweile lief in den Stallungen schon wieder alles auf Hochtouren. Wir machten Rever schön zurecht, wie immer mit wunderschönen Zöpfen, nochmal Stiefel putzen, und auch sonst wurde alles auf Hochglanz gebracht. Auf dem Abreitplatz war es noch sehr ruhig, nur die ersten drei Starter waren da. Rever war schön locker und ich supi motiviert. Auf Go eingestellt bin ich auch mit ihr ins Viereck. Wir begannen, und ich dachte noch das wird richtig gut.
Dann sprang die Musik, und es verwirrte mich; ich war jetzt etwas hinter der Musik. In der Schritt-Tour war auch noch alles ziemlich OK, aber ab da war irgendwie der Wurm drin. Ich machte einfach zu viele Fehler.
In den Vierern ließ ich den letzten liegen; in den Dreiern baute ich einen Vierer ein, und einer war nachgesprungen. Na super … so hatte ich es bisher noch nicht hingekriegt ...
Wie ich mich geärgert habe; ich war total niedergeschlagen, dermaßen enttäuscht von mir selbst! Die Richter haben dann auch keine Punkte für die Dreier geben können, denn die hatte ich ja auch nicht gezeigt. Das ist dann, als würde man eine ganze Lektion auslassen.
Es hat einfach nicht sollen sein, Chancen hatte ich ja genug. Schade, dass Spezi ausgefallen ist, aber so ist es nun mal.
Trotzdem weiß ich, dass wir es können, und meine Freunde und Familie stehen immer hinter mir. Auch freue ich mich sehr über Euch, liebe Website-Besucher, über Eure lieben Worte und über den Zuspruch, den ich von euch bekomme. Einen ganz dicken Drücker und großes Dankeschön dafür! Ich fahre jetzt also nicht nach Balve, aber ich darf in Hagen den Nationenpreis reiten, sprich CDIO mit Rever und CDI mit Spezi, vorausgesetzt, er ist wieder fit.
Wir sind gut in unserem Stall angekommen, und während wir den Lkw ausgeräumt haben, war Rever noch ein Weilchen auf der Wiese.
Als wir dann zu Hause ankamen, hatte Papa für uns hervorragend gekocht, mein Bruder liebevoll den Tisch gedeckt, und pünktlich zum Tatort landeten wir alle auf der Couch. Herrlich!


Und morgen geht's weiter. Neuer Tag, neues Glück.
In diesem Sinne --
liebe Grüße
Jessica