Jessis Tagebuch: Nach Warendorf ist vor Wiesbaden

Irgendwie bin ich gerade im Chill-Modus :-)
Fühle mich grad so ziemlich befreit. Vorhin bin ich mit Rever ausgeritten, etwas, was ich dieses Jahr noch nicht gemacht habe, zumindest nicht so bewusst, einfach herrlich!
Sie hat es auch sehr genossen, glaube ich, diese Ruhe bei so schönem Wetter. Ich dachte zuerst, dass sie wahrscheinlich etwas aufgeregt sein würde, so mit mir alleine im Wald, aber sie ist eh nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen, auch als ein kleines Reh aus dem Gebüsch kam, hat sie einfach nur hingeschaut und ist ganz lässig weiter Schritt gegangen.
Die letzten Wochen waren ganz schön stressig. Nach Kronberg hatte ich noch einiges für die Schule zu tun und musste mich natürlich auf den Preis der Besten vorbereiten.
Schön war es in Warendorf, gesellig, alle Mitstreiter mal wieder zu treffen, und diesmal hatten wir auch mal Glück mit dem Wetter. Zumindest konnten wir einen Abend gemütlich grillen.
Dennoch war das Wochenende ziemlich spannend.
Donnerstag anzureisen, damit es nicht so hektisch wurde, war eine sehr gute Entscheidung. Meine Pferde waren gut in Schuss, Spezi nicht ganz so wie Rever, aber alles im grünen Bereich. Auch Danilo war schon am Donnerstag angereist mit Dini, und es gab ein rührendes Wiedersehen. Anna war natürlich auch schon da, und wir genossen ein gemütliches Abendessen unter Freunden. Anna und ich fütterten Freitag früh die Pferde, und anschließend beobachteten wir bei unserem ersten Outdoor-Frühstück der Saison das Treiben der Anreisenden. Zu dem Zeitpunkt standen vielleicht 10 LKWs auf dem Platz, und wir konnten noch übers Gelände schauen. So gegen Mittag war es dann mit dem Weitblick vorbei, und wir befanden uns eingepfercht zwischen gefühlten 50 LKW und 200 Pferden, die in ihre Boxen eingezogen waren. Zirkus komplett :-)
Spezi und Rever fanden das alles uninteressant, sie hatten nur den Rasen im Visier. In ihren Boxen gruben sie Löcher und Tunnel, stapelten Berge von Stroh an die Seite, um darunter ans Gras zu kommen. Mama und ich haben mit den beiden schöne Spaziergänge über die Feldwege rund ums Gelände gemacht – bzw. die Pferde machten Spaziergänge mit uns :-)
Mein Training mit beiden Pferden fand erst am späten Nachmittag statt. Weil das Wetter so schön war, liefen danach so gegen 20 Uhr die Grills heiß zwischen den LKWs, und es wurde viel gelacht und erzählt bis Mitternacht.
Samstag fing unsere Junge-Reiter-Prüfung erst um 14.30 Uhr an. Ich war mit Rever dritter Starter und mit Spezi als 15te dran. Morgens haben wir uns die Ponys und die Junioren ein wenig angeschaut, und ich habe festgestellt, dass diese Zeit für mich schon wieder so lange her scheint!
Dann ging es auch für uns los. Rever fühlte sich sehr gut an beim Abreiten und wir ritten auch eine wirklich schöne Prüfung. Leider haute ich mir selbst beim letzten Wechsel einen Fehler rein; ich hätte mich so richtig ärgern können! Das ist richtig teuer, das kostet Punkte.
Bei Spezi hatte ich eigentlich gar keine Bedenken, aber er fühlte sich nicht so gut an wie sonst. Unsere Prüfung war nicht schlecht, aber irgendwie kamen wir nicht so richtig zur Entspannung. Dennoch waren wir gut eingenordet, und ich freute mich über unsere Platzierungen. Das war schon mal geschafft!
Im Junge-Reiter-Lager herrscht eine nette, entspannte Stimmung. Die meisten begleiten mich schon seit 2009. Man kennt sich und schätzt sich, und jeder von uns weiß, dass mal der eine und mal der andere vorne steht. Alle sind wir fleißig und geben unser Bestes. Doch am Abend sind wir einfach nur junge Leute, die Spaß haben.
Für Sonntag hatte ich mir vorgenommen, noch einen draufzusetzen, und ich habe auch richtig gut angefangen. Rever war zwar nicht so entspannt wie Samstag, aber das soll jetzt keine Entschuldigung sein für meinen dicken Patzer: Ich hätte meine Vierer-Wechsel besser vorbereiten sollen, aber so ist es nun mal, nacher ist man immer schlauer. Das hat Punkte gekostet und nicht zu wenig :-( Denn auch am Sonntag lagen wir wieder alle bis auf ein paar Spitzen sehr nah beieinander.
Auch mein Gefühl bei Spezi bestätigte sich Sonntag. Er hat mich zwar durch die Prüfung getragen und auch fehlerfrei, aber dennoch war das nicht mein Spezi. Er war zwar besser als Samstag, aber er war auch diesmal nicht so rund wie sonst.
Nach der Platzierung fand eine Besprechung mit unseren Bundestrainer statt. Erleichterung machte sich breit, als er die Nominierten verkündete: Spezi und Rever dürfen in Wiesbaden starten.
Ich habe jetzt die Quali in der Tasche für Wiesbaden, aber das ist kein Grund sich zurückzulehnen. Wir haben ein mega-tolles Starterfeld bei den Jungen Reitern, und hier wird es dieses Jahr um Zehntel-Prozente gehen.
Dann war einpacken angesagt. Ruckzuck leerte sich das DOKR-Gelände. Spezi bekam noch eine befreiende Dusche von Mama, und nachdem beide ihre Portion Mash aufgemampft hatten, sind wir in Kolonne mit Abbelen nach Hause gefahren.
Die letzten Tage haben wir nach einer kleinen Pause wieder angefangen, auf Wiesbaden hinzuarbeiten. Inzwischen war ich noch einmal mit Leo auf dem Turnier, und wir ergatterten in Hünxe einen tollen zweiten Platz in der Dressurpferde-M mit sehr guten Noten.
Auch das macht richtig Spaß.
Drückt uns bitte weiterhin die Daumen,
ganz liebe Grüße,
Eure Jessica


P.S. Soeben kommt die schlechte Nachricht: Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht; Spezi hat tatsächlich eine Schulterprellung – wer weiß, was er in Warendorf in seiner Box angestellt hat, aber als echter Kerl hat er lieber herumgedrucks, als einfach zu sagen, dass es zwickt. Da ich aber auch danach nicht hundertprozentig das Gefühl hatte, dass er ganz der Alte ist, haben wir ihn vor der Fahrt nach Wiesbaden noch einmal gründlich checken lassen und werden nun darauf verzichten, ihn mitzunehmen. Ich freue mich trotzdem auf das Gastspiel vor dem Schloss und kann mich nun ganz auf Rever konzentrieren.