Jessis Tagebuch: DJM ZeisKANN

Also dass die Zeiskamer eine DJM ausrichten können, das haben sie bewiesen! Es hat alles gestimmt, trotz schlechter Wetterverhältnisse.
Donnerstags sind wir so gegen halb 8 im Stall losgekommen. Mit einem Pferd zu reisen, ist easy, und mit Rever sowieso, denn sie steht wie angewurzelt auf dem LKW. Sichtlich erfreut über ihren Ausflug, wieherte sie der Ankunft von Spezi entgegen, doch der kam ja nicht mit, und als wir uns in Bewegung setzten, mampfte sie sofort ihr Heu und war, glaube ich, glückselig, mal den ganzen Transporter für sich alleine zu haben. Viereinhalb Stunden später rollten wir auf den Turnierplatz -- gerade noch rechtzeitig, denn 20 Minuten später war das Chaos perfekt: Kilometerlanger Stau an der Zufahrtstrasse, alles nur Transporter und Hänger! Auf dem Verladeplatz ging es relativ entspannt zu. Die Organisation ließ immer nur eine Anzahl von Transportern reinfahren, damit jeder in Ruhe abladen konnte. Dann musste man wieder rausfahren, und auf den benachbarten Wiesen, die extra hergerichtet waren, sind dann die Lager aufgeschlagen worden. Endlich alles an Ort und Stelle, stellten wir fest, dass in den Stallungen von unten das Wasser reinlaufen konnte. Also haben wir bei Rever drei Sack Späne unter dem Stroh verteilt und die Boxen von außen abgedichtet. Dennoch konnten wir täglich zweimal Stroh nachfüllen, weil es trotz allem nicht trocken genug blieb.
Das Wetter war ziemlich durchwachsen, es war zwar eigentlich nicht kalt, aber es kamen immer wieder so schlagartig Regenfälle und Hagel über uns, so schnell konnte man sich gar nicht unterstellen. Nach dem Mittagessen habe ich angefangen, meine Sachen auf Vordermann zu bringen und Rever für unser Training vorzubereiten. Meine Trainerin war inzwischen angekommen, und wir durften auf allen Plätzen trainieren. Noch bei schönsten Wetter hingeritten, wurde ich mit Revi vom Hagelsturm und Regen überrascht. Ich war durch und durch nass, das Wasser stand mir in den Stiefeln. Zum Glück hatte meine Freundin Sophie, die mich begleitet hat, für Rever eine Decke dabei. Das Training verlief trotz alledem sehr gut, und als ich später im LKW aus den nassen Klamotten steigen konnte, hatte ich für unseren Start am Freitag Morgen ein sehr gutes Gefühl. Nur leider wurde mir den ganzen Tag nicht mehr warm, denn ich war so durch und durch nass geworden, dass auch eine Dusche mir nicht wirklich Entspannung brachte, und bin mit Schüttelfrost und heißem Tee ins Bett gekrochen.
Freitag morgen war ich als eine der ersten dran. Die Prüfung fing um 8 Uhr an, also wurde Rever schon um 5.30 Uhr gefüttert, anschließend gestylt, und um 6.45 Uhr kam Mama schon aus dem Stall und machte mir meine Glücksfrisur. Eigentlich kriege ich die mittlerweile alleine hin, aber es ist einfach schöner, wenn Mama das macht :-)
Um sieben kam dann auch meine Trainerin, und wir sind unsere Aufgabe nochmal durchgegangen. Sophie und Mama haben in der Zwischenzeit Rever vorbereitet, und als ich in den Stall kam, da glänzte sie mir entgegen. Sie war so motiviert, überhaupt hat sie das ganze Wochenende richtig genossen.
Vor allem die Platzierungen, die hatten es ihr angetan. Mit einer Seelenruhe stand sie geduldig bei jeder Huldigung da und wartete brav, bis sie zur Ehrenrunde aufgerufen wurde. Sie hat so einen tollen Charakter und ein sehr feines Gemüt.
Ich bin sehr zufrieden mit der Entscheidung, Rever bei den Deutschen Meisterschaften zu reiten. Wir haben zuhause beschlossen, mit Spezi auf die Junge-Reiter-Zeit hin zu trainieren. Er muss mal was Neues machen, und da er auch eine Pause verdient hatte nach den EM Strapazen, fanden wir es besser, mit Rever noch mal loszureiten.
Freitag Abend war der traditionelle Länderabend angesagt, und es war wirklich ein gelungenes Fest – um so mehr, als ich Samstag ausschlafen konnte, denn Rever und ich waren erst gegen 16 Uhr am Start.
Meine restliche Familie hatte sich angekündigt, Papa, Onkel, Cousine etc. Also mal eben Bude aufräumen. Kelvin hatte wie immer alles Häusliche im Griff, und nach einer halben Stunde wurden wir entlassen, und Sophie und ich durften mit Rever einen ausführlichen Spaziergang machen. Der Tag war einfach gut! Rever und ich waren so aufgeregt, bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich aufs Pferd gestiegen bin – dann ist diese Nervosität immer weg, und ich bin ganz konzentriert.
Dieser Stadionsprecher, den wir da hatten, musste mir beim Einreiten noch mal eben aufs Brot schmieren, was die anderen schon an Punkten geritten hatten. Er meinte, dass es ein enger Wettkampf wird, dass ich fast punktgleich wäre mit Semmie und dass es wirklich spannend ist. Na super! Das war genau das, was man braucht, wenn man entspannt reiten möchte … haha, sehr schön, dann reiten wir doch mal eben eine bombastische Runde :-)
Wir hatten richtig viele Zuschauer, und die Stimmung war toll, so reitet man doch gern. Die Freude war groß, als unsere Punkte kamen und wiederum war es nur ein superknapper Unterschied zu Semmie. Anna, die momentan mit Fürsti punktemäßig in ihrer eigenen Liga unterwegs ist (keine Ahnung was die beiden zur Zeit rauchen), fieberte bei unserem Kopf-an-Kopf-Rennen mit.
Geplant war, am Abend ein Restaurant aufzusuchen, aber in der Gegend war schon ziemlich alles ausgebucht, und unsere Truppe war zu groß für einen Spontanauftritt, also haben wir kurzerhand beschlossen, gemütlich am Platz zu bleiben und den Grill anzuwerfen. Dinis Papa hatte großzügig eingekauft, und mit unseren Vorräten zusammen hätten wir den halben Platz durchfüttern können. Der Abend fing also schon mal gesellig an. Wir (also „die Jugend“) sind dann zur Party. Die Stimmung war auch hier richtig gut. So zwischendurch sind die Reiter zu ihren Pferden in die Boxengassen gegangen, um nach dem Rechten zu sehen, einzudecken und Wasser nachzufüllen etc. Da saßen dann die Tack-Boxen voll mit Leuten, und es wurde gequasselt und getratscht, bis das Licht ausging. Man sollte die Tack-Box umbenennen in Tratsch-Box :-) Auch Sonntag war ich erst spät am Start, daher gab es von der Machtzentrale auch keine Bett-Zeit-Vorgaben. Dennoch sind Sophie und ich zu einer zivilisierten Zeit ins Bettchen.
Am Sonntag Morgen habe ich mir bestimmt zehnmal meine Kür auf DVD angeschaut. Nochmal kurz die Abläufe durchgehen, die Musik verinnerlichen, alle Wechselpunkte durchgehen … Die Vorfreude war groß, ob Silber oder Bronze, eigentlich schon fast Nebensache. Hauptsache eine gute Kür zeigen ... und das haben wir!
Es ging Schlag auf Schlag, erst Anna, direkt dahinter Semmie, dann ich. Spannend bis zur letzten Sekunde.  Als Rever und ich aus dem Viereck kamen. gab es einen Riesenapplaus. Meine Trainerin strahlte, sie war auf jeden Fall schon mal zufrieden.
Es wurde BRONZE, und ich war damit der glücklichste Mensch der Welt. Wir fühlten uns, als hätten wir Gold geholt, allein, weil ich es mit Rever geschafft habe. Dass wir es so weit bringen würden … Anfang Mai habe ich es eine Weile nicht gut hinbekommen mit ihr und bin fast verzweifelt an uns, dann plötzlich, als hätte sich ein Schalter umgelegt, klappte es mit uns beiden. Die Chemie stimmte, wie man so sagt, und Rever hat mich nicht ein einziges Mal im Stich gelassen. Sie ist so zuverlässig, ich bin so stolz auf sie!
Ich glaube daran dass Pferde in uns hineinschauen können, dass sie etwas haben, was wir Menschen nicht besitzen oder verloren haben. Sie wusste, wie ich unter den Verlust von meinem Flöchen leide, und sie hat versucht, das für mich zu kompensieren. Dabei hat sie mein Herz erobert, so still und bescheiden wie sie ist.
Anna, Semmie und ich genossen gemeinsam unsere Medaillenehrung, und nachdem wir uns untereinander ausgiebig gratuliert und geknuddelt hatten, haben wir endlich den Heimweg angetreten (aber nicht, ohne Anna im Wassergraben getauft zu haben als frisch gebackene Deutsche Meisterin – da muss man durch, daran geht kein Weg vorbei).
Gegen Mitternacht kamen wir im Stall an, und bis wir zu Hause im Bett lagen, war es schon 2 Uhr morgens. Mein Hunde waren so froh, dass wir wieder Zuhause waren. Bibi ist ja nun klein und klettert schon mal aufs Bett, aber Luna ist riesig für ihr Alter; sie ist eine neun Monate alte Labradorhündin und sehr langbeinig. Komischerweise glaubt sie, sie sei sehr klein, so Chihuahua-Maß, und möchte überall reinklettern, nimmt sich das kleinste Körbchen und möchte auf den Schoss oder ins Bett. Ob ich mit ihr mal zum Seelenklempner muss?
Achja, mich hat's erwischt, bin richtig krank geworden, habe mich wohl doch stark verkühlt bei meinem Regenritt, und das passt jetzt gar nicht, denn die Schule hat wieder angefangen. Da ich aber trotzdem eigentlich nichts zu nörgeln habe, schimpfe ich einfach über das Wetter.
Olaf würde sagen, „trink ein Spirulli, das befreit” :-)


In diesem Sinne, liebe Grüße, Eure Jessi