Jessis Tagebuch: Unser Team ist Gold wert!!!

Da sind wir wieder! Gesund und munter zu Hause angekommen am Sonntag in der Nacht! Flöchen war happy, wieder in ihrem eigenen Stall zu sein, und Spezi hat sie nach ein paar kritischen Blicken wieder herzlich aufgenommen. Familie Braun begrüßte uns zur nächtlichen Stunde mit einem Blumenstrauß, und Flöchens Box war hübsch geschmückt mit Deutschlandflagge und vielen Glückwünschen.
Mittlerweile ist auch fast wieder alles ausgepackt, und die Waschmaschinen laufen auf Hochtouren. Es ist schön, wieder zu Hause zu sein, doch die letzten zehn Tage waren ein tolles Erlebnis!
Angefangen am Donnerstag in Warendorf mit dem Lehrgang. Spezi und Flo waren sehr gut vorbereitet, und ich wusste, es wird keine einfache Entscheidung, wer von beiden letztendlich mit nach Compiègne fährt. Auch war mir klar, dass ich so oder so mit der Entscheidung zufrieden sein kann, denn wer hat schon zwei Pferde die ganze Saison in den vordersten Reihen stehen? Wie ihr wisst, hat man sich ja dann für Flo entschieden.
So gegen 14 Uhr waren alle Euro-Reiter und Reservereiter eingetroffen sowie alle Hauptdarsteller (unsere Pferdchen) eingestallt. Ein fröhliches und aufgewecktes Geplapper war überall zu hören, und nach ein paar Stunden mit Organisatorischem hatten sich alle eingerichtet. Wir bekamen unsere Trainingszeiten, wurden eingekleidet (Pferd und Reiter), Fototermine, es gab sportpsychologische Gespräche sowie Physio und Massagen.
Wir bastelten an einem Motto für unsere Teams, und es wurden Geschenke verteilt -- es ist wie Weihnachten; jeder Reiter bringt etwas fürs Team mit, und wir wurden von verschiedenen Firmen gesponsert. Es gab gemütliche Abende im Restaurant, und es wurde viel gelacht.
Die Tage in Warendorf sind wichtig, denn dort wächst man als Team zusammen. Auch die Ersatzreiter und -pferde gehören dazu, und es ist gerade für die beiden ganz schön schwer! Auch unsere Eltern brauchen dieses Zusammenkommen, um miteinander die Reise für uns alle so angenehm wie möglich zu gestalten.
Unsere Pferde wurden mehrmals einem Gesundheits-Check unterzogen, um auch hier auf Nummer Sicher zu gehen.
Am Sonntag, nachdem Spezi nach Hause  aufgebrochen war, kam der LKW von Johannsmann, der seit Jahren mit zu den Euros fährt, um das ganze Stallequipment aufzunehmen. Jetzt mussten alle mit anpacken. Für acht Pferde Heu und Stroh oder Späne bedeutet sieben mal acht gleich 56 Ballen Heu und eine ähnliche Menge an Stroh und Spänen. Mistgabeln, Schaufeln, Schubkarren, große tröge zum Heu-Einweichen, Schränke von mehreren Reitern, die ihr Pferd von der Spedition fahren ließen etc.. So gegen 19 Uhr war dann alles verstaut. Flo wurde für die Fahrt vorbereitet, damit es in der Nacht beim Verladen zügig ging.
Mama, Tim und ich haben unseren LKW fahrbereit gemacht, nochmal alles geputzt und Wasser nachgefüllt und sind dann so gegen halb elf für ein paar Stündchen eingeschlafen. Um eins ging der Wecker, und um zwei sind wir losgefahren, in Kolonne versteht sich: Johannsmann vorne mit Juliettes Pferd und mit Edward von Charlotte, dann Schürmann, dann Kienbaum, dann wir, dann Abbelen und Averkorn und zu guter Letzt der Doc Merz mit Olli Oelrich. Von Danwitz und Niemann fuhren von zu Hause los.
Bei unserer ersten Rast in Frankreich trafen wir dann auf Maria Schierhölter-Otte, unsere Equipe-Chefin, und Herrn Meyer-zu Strohen. Kurz vor dem Ziel, etwa 80km vor Compiegne, hatten wir großes Glück, denn kurz vor uns passierte ein Unfall, und wir mussten so eine Vollbremsung hinlegen, das es wirklich knapp war – fast wären wir alle aufeinander geknallt! Mama hatte Angst, dass einer hinten drauf knallt, und sie zog schnell auf den Standstreifen, was eine gute Entscheidung war, denn der Franzose, der zwischen uns und Abbelen fuhr, wäre tatsächlich draufgefahren!
Angekommen in Compiègne, standen Maria, Herr M-zu S, Olli und der Doc zur Begrüßung am Eingang. Sie hatten schon für uns ein gemütliches Plätzchen gesucht, und wir mussten nur noch die Burg komplettieren.
Nachdem unsere Pferde eingestallt und versorgt waren, ging's ans Auspacken und Schmücken (ganz wichtig, Pool aufbauen). Um 15 Uhr lief schon der erste Grill warm, und keiner konnte mehr daran zweifeln, wo wohl diese Truppe, die hier angesiedelt war, herkam.
Nach einem lockeren Kurztraining suchten wir Reiter mit unserer Equipe-Chefin Maria unser nächtliches Quartier auf im Hotel im Ort. Ich habe mir mit Anna und Jojo ein Zimmer geteilt. Am Dienstag war dann der Tag der Eröffnung, und wir entschieden uns gegen unser rotes Kleid (sehr umstritten) und für die rote Hose. Die Kulisse am Schloss war schon mal standesgemäß, und es wurde eine tolle Eröffnungsfeier. Ich traf auf ehemalige Ponyreiter aus anderen Nationen, mit denen ich schon bei den Pony-Euros war, und wir wurden aufs Herzlichste begrüßt.  Nach der offiziellen Feier gab Cocktails und Häppchen im Schloss, und nicht nur von draußen sondern auch von drinnen war das Schloss sehr schön und in einem Top-Zustand (also eine Reise wert!).
Mittwoch begann der Ernst des Lebens und für mich als erster Starter nicht grad zu vergleichen mit der Pole Position. Flo und ich lieferten eine schöne und ordentliche Runde ab und mit 70 ein gutes Polster für die Medaille. Anna und Fürstie, die als Zweite an den Start gingen, polsterten weiter mit über 70 % für uns, und so war schon mal der Grundstein gelegt. Am Donnerstag startete für uns als erste Claire mit Condio, und als sie durch waren, hatten wir Gold sicher! Bei Johanne und Habitus war dann nur noch Genießen angesagt, und mit einem Spitzenritt war für den beiden auch noch der Sieg in der Prüfung sicher.
Bei den Jungen Reitern war auch am Vortag ein Polster für eine Medaille entstanden, und auch sie konnten sich schon freuen. Es wurde am Ende Silber.
Der Abend war gesichert, Party-Time, und unsere Eltern machten aus der Wagenburg eine „Schlemmerburg“. Der eine oder andere wird wohl nicht mehr genau wissen, wie er ins Bett gekommen ist, aber das war auch völlig egal, da wir alle am nächsten Tag frei hatten. Freitag war dann Chillen angesagt und Sightseeing. Einige von uns sind sogar nach Paris gefahren. Wir hatten das große Glück, tolle Pfleger dabei zu haben, die uns das DOKR zur Verfügung gestellt hatte, damit wir auch den anderen immer beim Reiten zuschauen konnten und unsere Pferdchen rundum versorgt und überwacht wurden.
Am Samstag ging es weiter mit den Einzelwettbewerben. Auch hier mussten Flo und ich wieder den Anfang machen, und das war wieder nicht so fruchtbar für uns. Direkt nach der ersten Pause sind wir eingeritten, der Boden war frisch gewalzt und sehr fest. Flo kam nicht gut damit zurecht, und sie war sehr vorsichtig. In der Schrittphase wurde ihr Vertrauen aber wieder hergestellt, und in der Galopptour lief alles rund. Doch ich hatte in der Trabtour ein paar Noten liegen lassenund kam deshalb nicht über die 70,5 % hinaus. Schade für unseren fehlerfreien Ritt, ich war wirklich enttäuscht und musste auch mal ordentlich Tränen lassen.
So ist es nun mal. In den sieben Minuten muss einfach alles glatt gehen, auch wenn beim Abreiten alles perfekt war. Auch die anderen mussten noch durch, und auch hier lief nicht alles rund. Es war ein Auf und Ab der Gefühle bei uns Junioren und Jungen Reitern, und im Grunde kommt sowieso immer alles anders als geplant. Nachdem ich alles für mich analysiert hatte, habe ich mich wieder beruhigt, habe mir ein Kleid übergeworfen und bin mit meiner Familie losgezogen, um meine Teamkolleginnen zu bejubeln, bewaffnet mit allem, was schwarz-rot-gold war.
Am Abend hatten wir wieder zwei Medaillen zu bejubeln, denn Johanne sahnte die Einzel-Goldmedaille bei den Junioren ab (musste deshalb mit Klamotten in den Pool) und Juliette ihre zweite Silbermedaille bei den Jungen Reitern. Es wurde getanzt und viel gelacht, und wir bekamen Besuch von einigen Mitstreitern, die mit uns in Champagnerlaune waren (also unsere Eltern, wir trinken Wasser).
Sonntags ist immer eine merkwürdige Stimmung. Die Stallungen werden langsam leerer, und es wird abgeschmückt und eingepackt. Das Kürfinale läuft zwar noch, aber irgendwie sind die Leute gedanklich schon auf dem Heimweg. Wir haben bis zum Schluss durchgehalten und uns über weitere Medaillen gefreut: Erneut gab's Gold für Johanne und Habitus, die eine fantastische Kür ritten, aber auch Anna die sich mit Fürstie Silber holte, strahlte vor Glück nach ihrem harmonischen Ritt. Auch bei Juliette gab es wieder Grund zu jubeln, sie bekam mit Sir Diamond Bronze, und auch Charlott-Maria Schürmann ritt sich noch auf Rang fünf (die Arme musste diesmal viel durchmachen).
Also mit einigen Medaillen im Gepack sind wir alle (so weit ich weiß) wieder gesund zu Hause angekommen und können auf eine tolle Zeit zurückblicken.
Ich bedanke mich hier bei allen, die an uns geglaubt haben und die uns immer unterstützen: Natürlich bei meinen lieben Eltern, die mir dies alles ermöglichen, bei Spezi und Flo, bei meiner Trainerin, unserem Stallteam Marrón, u.a. dem lieben Andy! Bei meinem Timmi, der mein Auf und Ab der Emotionen ertragen muss! Bei Familie und Freunden, allen Website-Besuchern, die mir immer wieder schreiben und meine Seite besuchen, und bei unserem Super-Euro-Team!
Unser Motto war „Unser Team ist Gold wert“, und das war es auch!


Alles Liebe, eure Jessi