Jessis Tagebuch: Hausaufgaben, mal anders

    5 Tage Hagen, 3 Schultage verpasst, über 1000 genannte Pferde, jedes geht im Schnitt 3 Prüfungen, dazu noch Trainingspferde und Gäste: Das "Future Champions" auf der Reitanlage Kasselmann ist weltweit das größte Jugendturnier. Die Zeltstadt ist immens groß, und jeder Zentimeter auf den Wiesen steht mit LKWs und Wohnmobilen voll. Und alle brauchen Strom und Wasser -- eine logistische Meisterleistung! 
    Wir hatten diesmal einen Logenplatz, DANKE! Unser LKW stand fast gerade, zumindest an den ersten beiden Tagen. Durch den Regen haben wir dann doch leichte Schieflage bekommen, aber nichts im Vergleich zum letzten Jahr, als wir quasi aus dem Bett rollten. Unsere Pferde hatten diesmal auch Glück, denn sie standen in den kleineren Zelten mit der großzügigen Stallgasse (die Zelte sind unterschiedlich). Flöchen, die zum Trainieren mit war, hatte ihre gewünschte Eckbox bekommen und fühlte sich sauwohl, daneben unsere Tack-Box ("tack" ist Englisch für Zaumzeug, also eine Box für die Ausrüstung) und dann Spezi. Wir hatten befürchtet, Flo wäre vielleicht unruhig und würde viel wiehern, aber es war das genaue Gegenteil, der Rummel tat ihr richtig gut, und wir haben ein paar schöne Trainingsrunden gedreht.
    Und Spezi ….ja, mein Spezi ist ein süßer Schatz. Er ist sowas von lieb und unkompliziert im Umgang. Er hält sein Mittagsschläfchen wie zu Hause, er steht nicht mal auf, wenn ich in seine Box komme. Ich kann mich gemütlich zu ihm setzen und ein wenig schmusen mit ihm. Am Mittwoch Abend bin ich mit ihm über die Anlage Schritt geritten und habe ihm die ganzen Plätze gezeigt. Mittlerweile bekommen wir etwas Turnier-Routine, und er reagiert kaum noch schreckhaft auf neue Dinge.

    Donnerstag Morgen 8.00 Uhr Vet-Check, wir Deutschen zuerst. Vet-Check bedeutet, man geht mit geputztem und eingeflochtenem Pferd inklusive Pferdepass und in roter Kaderjacke und schwarzen Handschuhen zu Chefrichter und Tierarzt. Das Pferd wird in Augenschein genommen, und wenn dem Tierarzt nichts auffällt, muss man es an der Hand vortraben. Für Spezi war es das erste Mal. Er war zwar ein bisschen aufgeregt, ist aber vorbildlich getrabt.
    So, jetzt durfte das Turnier anfangen. Gegen 17.00 Uhr waren wir am Start, also hatten wir Zeit, uns ein paar andere Prüfungen anzuschauen. Inzwischen war auch Dini mit Danilo eingetroffen und zog in die Box neben Spezi ein. Ein vertrautes Gefühl für mich, und Spezi war auch sichtlich erfreut, seinen Stallkumpel zu treffen. Gegenüber von Flo zog Florine Kienbaum mit ihrem Pferd ein, und genau gegenüber von Spezi noch Johannes mit Flying Lady. Neben Danilos Tack-Box Dinis Cousine Semmie und auch der Rest des Rothenberger-Clans. Also, besser geht’s nicht: Wir hatten eine perfekt organisierte und ordentliche Stallgasse.
    Meine erste Prüfung am Donnnerstag verlief ganz gut, und Frau Meyer-Biss war einigermaßen zufrieden mit uns. Ich bin mir bewusst, dass wir noch einen weiten Weg haben und wir alles andere als perfekt sind. Doch wir konnten schon schöne Sachen zeigen, und alles andere kommt peu a peu.
    Abends haben wir in gemütlicher Runde gegrillt, und es gab Pommes, denn ja, ich habe jetzt auch eine Friteuse. Eigentlich braucht man nach Hagen zwar überhaupt nichts zu essen mitzunehmen, denn im Hauptzelt wird man mit allem versorgt. Doch ich bin auch mal gerne nur unter uns, und Mama macht das auch immer ganz liebevoll.
    Freitag war wieder späte Startzeit:15.00 Uhr, Einzelaufgabe. Spezi war frisch und munter, und wir konnten unsere Form von gestern noch etwas steigern. Heute war es aber etwas schwieriger, denn auf dem Viereck nebenan lief parallel eine Prüfung, und als ich in meiner ersten Trabverstärkung war, wurde dort gerade applaudiert, und Spezi musste unbedingt mal eben rüberschauen, dieses neugierige Pferd. Frau Meyer-Biss war mit der Prüfung zufrieden, und es gab Zückerchen für Spezi.
    Dannach noch mit Flöchen trainieren, und abends Ponys gucken. Anna mit Donovan sowie Dini mit Danilo waren in Topform und holten sich ihre Schleifen ab, die beide Paare näher ans Euroteam brachten.
    Als wir unsere Pferde endlich samt Schlafanzug und Strümpfen frisch getränkt ins Bett gebracht hatten, war die Party schon in vollem Gang. Nach ein bisschen Styling sind wir schleunigst hin, denn "ein bisschen Spaß muss sein" ... und wenn nicht hier, wo dann? P.S. Papa ist auch eingetroffen (freue mich).

    Samstag. Der Fanclub ist eingetroffen. Große Freude über so viel Zuspruch. Heute ist die Kür angesagt, im strömenden Regen. Aber hey, nur die Harten kommen in den Garten. Der Samstag Nachmittag wurde richtig gesellig mit allen am Tisch im großen Zelt. Der Fanclub blieb über Nacht, denn Sonntag waren die Ponys noch mal dran mit Kürreiten.
    Am Ende des Turniers konnte sich meine Trainerin darüber freuen, dass sie mit zwei Ponys an der Euro teilnehmen wird (Glückwunsch, auch an Anna und Donovan und natürlich Dini und den süßen Danilo!), aber auch für mich hatte sie ermunternde Worte parat: "Jessica und Spezi sind auf einem guten Weg, und an den Schwächen, die sie in der Prüfung noch haben, können wir jetzt bis zur DJM in Ruhe weiter arbeiten." Ihr seht also ... ich hatte zwar drei Tage schulfrei, aber auf der faulen Haut gelegen habe ich trotzdem nicht. Und eins gibts beim Reiten genau so wie in der Schule, nämlich Hausaufgaben. Und die halten mich jetzt auf Trab -- buchstäblich.


Liebe Grüße
Eure Jessi